Ein Interview von Melli Regnet mit Angelika Wolf-Neuhaus
• Wie seid ihr damals zur Wirthsmühle gekommen?
Meinem Vater hat man die Mühle mit ca. 20 ha Land im Jahre 1967 zum Kauf angeboten. Die Gebäude waren eine Ruine, das Land lag brach. Mein Vater nahm das Wagnis auf sich. Viele Jahre Arbeit lagen vor uns. Zwei Jahre später wurden Ponys auf Wunsch meines Bruders und mir angeschafft. So begann mein Vater mit der Zucht von Isländern und Connemaras. Nach einem Unfall 1989 konnte er leider nur noch in unserem Haus in Wendelstein leben. So sprang ich ein, und blieb hängen. Mein Schicksal war besiegelt, den Weg zurück nach München fand ich nicht mehr.
• Was waren eure ersten Ponys?
Unsere ersten waren drei Isländer und ein Connemarafohlen namens Fairy (v. Lotus) vom Gestüt Rehberg, Franz Strübbe.
• Wie seid ihr auf die Idee gekommen Isländer und Connemaras zu züchten?
Bei den Isländern kauften wir 2 Stuten und einen Junghengst, da lag die Idee schon sehr nah, Skolli wurde damals unser erster Islandhengst. Mein Bruder war über 1,90 m, deshalb meinte mein Vater, ein etwas größeres Pferd wäre doch passender. Aber Fairy blieb leider auch etwas kleiner. Und mit Fairy mussten wir natürlich auch züchten. Wir haben heute noch eine Enkelin WM Fanella von ihr in der Zucht, die Linie haben wir uns erhalten.
Hier sprechen wir zwar von den Connemaras, aber mit unserer Islandpferdezucht bin ich durchaus zufrieden. Zahlreiche gute Turnier-ergebnisse, Prud von der Wirthsmühle, Deutsche Meisterin im Viergang, Slapi, ihr Vollbruder, bestes bayerisch gezogenes Islandpferd, bestätigen die Qualität.
• Dein erster Hengst war Diamond Shamrock, wie bist Du auf ihn gekommen?
Ja, das ist so eine Geschichte. Sham stammt von Familie Dörfler, die sehr erfolgreich mit ihrer Connemara Zucht war. Schon mein Vater benutzte immer die Hengste dieses Gestütes. So bin auch ich mit den damaligen Stuten nach Aichen gefahren. 1992 lieh mir Adolf Dörfler den Junghengst Diamond Shamrock. Prompt verliebte ich mich in diesen Hengst. Doch Sham mußte wieder zurück in seine alte Heimat. Doch ich gab nicht auf, und bald verkaufte mir Adolf den Hengst. Er zog wieder bei uns ein.
Auch konnte ich mir immer Rat holen bei Dörflers. Viele Gesichtspunkte und Anregungen habe ich von der Familie übernommen.
• Was hat Sham in deiner Zucht verändert?
Er hat durchwegs seinen guten Charakter vererbt, d.h. nicht, dass die Nachkommen keine Leistungsbereitschaft zeigen, ganz im Gegen-teil. Sham hatte bei seiner Leistungsprüfung sowohl in Charakter und Leistungsbereitschaft eine 10. Ebenso sein Gangvermögen und sein Exterieur haben uns immer überzeugt. Aber das tollste war seine Liebenswürdigkeit. Immer passte er auf seine Menschen auf, und nie mußte man Angst haben.
Die Fohlen waren durchwegs überdurchschnittlich und bestätigten uns auf unserem Weg.
• Wie hast Du Dich für Deine Zuchtstuten entschieden?
Damals waren die Abstammungen hier in Bayern sehr eng. Wir wollten neues Blut in der Zucht. Klaus und ich zogen los: nach Irland, England, Dänemark. Fündig wurden wir in England und Dänemark, und brachten jeweils 3 Stuten mit: schöne Stuten mit guten Bewegungen und interessanten Pedigrees.
• Die Anpaarung der dänischen Stute Norlunds Primrose mit Sham war ja besonders …
Ja, Rosi, (v. Laerkens Cascade Dawn) hat sich als absoluter Glücksfall erwiesen. Sie bringt uns 2019 das 17. Fohlen, ist immer noch frisch und munter, und jedes ihrer Fohlen war sehr gut. Sie brachte den in Dänemark stehenden, erfolgreichen Hengst WM Delaney’s. In Holland steht WM Polly, Siegerin der Stuten auf der Connemaraschau Wickrath 2016, ebenso war sie Reserve Champion über alle Klassen. Auch in Österreich stehen Nachkommen von Rosi und werden als Freizeitponys eingesetzt.
Nicht zuletzt unsere WM Princess Merida wurde Siegerin der Landesschau 2018, und WM Pretty Woman, die beide heuer erfolgreich ihre Leistungsprüfung abgelegt haben, stammen aus dieser Anpaarung.
Leider gehen wenige der verkauften Stuten in die Zucht. Ich bin sehr froh, dass ich diese 2 Stuten aus der Kombination behalten habe. Und last but not least ist Rosi Elitestute.
• More than a Lass war die erste Stute, die Du zugekauft hast, sie war recht erfolgreich …
Ja, Lass v. Skatholm Ladykiller ist jetzt seit über 20 Jahren bei mir. Meine Stuten bleiben immer auf dem Hof und verbringen auch die letzten Jahre hier. Sie sind in der Herde mit allen verbunden, zudem bin ich ihnen dankbar für ihre Leistung. Lass hat mir viele Goldfohlen gebracht, z. B. wurde WM Destiny Jugendchampion. Im Jahr 2000 gewann Lass das Zentrale Landwirtschafts Fest (ZLF), auch ist sie Elitestute. Zudem war sie stets super zu reiten und eine zuverlässige Lehrerin für unsere Reitschüler. Und sie ist noch immer eine Schönheit.
• Es gibt verschiedene Typen Connemaras – was ist Deine Richtung?
Es gibt verschiedene Linien. Ich bevorzuge die sportlichen Connemaras mit wirklich guten Bewegungen und typvollem Exterieur. Das ist mein Zuchtziel, denn nur auf Pferden mit guten Bewegungen kann man auch gut sitzen.
Aber man muss sich immer im Klaren sein, dass das Connemara Pony nicht durchgezüchtet ist und noch immer sehr streut und auch alte Typen durchschlagen können.
• Du hast viele Auszeichnungen bekommen, auf welche bist Du besonders stolz?
Ach ja, welche? Für WM Finlass v. Hazy Marshall a.d. WM Fanella bekam ich die Züchtermedaille in Gold. In der Sattelkammer hängen viele Urkunden und stehen viele Pokale, natürlich auch von den Erfolgen der Islandpferde. Aber ich glaube, die FN Medaille in Silber für den Sieger der Sportponys anläßlich der Frühjahrskörung 2018 für WM Dark freut mich doch am meisten.
• Du züchtest jetzt seit 50 Jahren, was ist Dein Resümee?
Man sollte immer mit Pferden züchten, die Eigenschaften haben, die dem Züchter wichtig sind. Man sollte natürlich gute Hengste einsetzen, aber auch die Stuten sollten qualitätvoll sein.
Die Stuten müssen nicht super geprüft sein, aber die Eigenschaften besitzen, die dem Züchter wichtig sind.
Pferdezucht bedeutet auch Glück haben, es ist wie eine kleine Lotterie, und man wartet immer auf den Hauptgewinn.
Den eigenen Ideen, die man in der Zucht verwirklichen möchte, treu bleiben, und nicht den gängigen, populären Zielen nacheifern. Trotzdem immer auch sein Ideal nicht aus den Augen verlieren.
• Du hattest mit Dark Diamond 2018 faktisch einen Hauptgewinn …
Ja, das stimmt. Er ist genau das, was ich mir immer erhofft hatte. Viele gute habe ich verkauft und wartete auf ein für mich optimales Pferd. Einen super Nachfolger für Sham. Als Dark damals geboren war, und ich ihn im Stall sah, wusste ich sofort: das ist unser neuer Hengst. Er war schon so lebendig, hopste durch die Box und war mir gegenüber sehr offen.
A Star is born, dachte ich mir. Als ich wieder zurück ins Bett ging, sagte ich zu meinem Mann Klaus: „Da unten ist unser neuer Hengst!“ Und das bestätigte Dark uns während seiner Jungpferdezeit immer wieder, letztendlich auch bei seiner Körung.
Das wichtigste ist ein guter Charakter. Ich möchte Pferde haben, die immer positiv sind und ihrem Reiter gefallen wollen, also leicht zu trainieren sind. Dark hat seinen Trainer immer gefragt: „Was kann ich für Dich tun?“ Stets ist er freudig bei der Arbeit.
Dark ist zudem einfach ein wunderschönes Pferd, mit einer sehr guten Bewegungsmechanik und absolut harmonischem Gebäude. Jetzt komm ich ins schwärmen …
• Deine Nachzucht ist auch immer sehr gut …
Ja, die meisten vereinen wirklich das, was ich mir so vorstelle: guten Charakter, gute Gänge und ansprechenden Körperbau. Die Fohlen schau ich mir die ersten zwei Wochen immer genau an, dann weiß ich meistens schon, wie sich das Fohlen entwickeln wird. Aber man muß immer selbst wissen was man möchte, die Pferde immer und immer wieder ansehen, und seine Ziele nicht aus den Augen verlieren, mit einem Wort: die Pferde kritisch betrachten.
• Und in der Zukunft?
Tja, noch ein paar Jahre züchten, hoffe ich und dann wird man sehen. In unseren Jungpferde-Herden stehen noch einige vielversprechende Youngster, und ich freue mich auf deren Entwicklung.
Jetzt freue ich mich erst einmal auf die ersten Fohlen von Dark!